Tiefer geht es kaum

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Die Canon A1 ermöglicht eine Einstellung von bis zu tiefen 6 ISO. Also gut, das Experimentieren geht mit einem ‚Fantôme Kino B&W‘ mit nur 8 ISO von Lomography weiter. Über Ostern bot sich dafür die mini Kirmes am Bonner Rheinufer an. Gegen 17h, die Sonne ging gut eine Stunde später unter, war ich dort.

Ich benutze ein Canon FD 2,8 / 24 mm Objektiv. Dazu nahm ich einen Tiffen ‚Black Pro-Mist 1/4‘ Filter und ab und zu auch zusätzlich einen Blaufilter.

Die Belichtungszeiten liegen zwischen einer viertel und einer dreißigstel Sekunde und alles mit Stativ.

Der Hersteller des Films verweist auf die besondere Bedeutung des Entwicklers. Je nach Produzent des Entwicklers seien die Ergebnisse recht unterschiedlich. Ich bin vor allem an starken Kontrasten und trotzdem klarer Zeichnung interessiert. Ich habe die Befürchtung, dass der Entwickler, den mein Labor, Foto Brell, nutzt, das Ergebnis nicht so trifft, wie ich es gernhätte. Aber, die Sorge war völlig unnötig. Mein Labor nutzt Entwickler von SPUR; ‚SPUR Film Speed SR‘ passt zum ‚Fantôme Kino B&W‘.

Meine Sorge, ob es gelingen würde, hell-dunkel sauber herauszuarbeiten, hat sich auch gelegt. Gerade hier hat der Film seine Stärken.

Dieser Film macht Lust auf mehr.

Alle Bilder frei von digitaler Bearbeitung.

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Neues altes Anloges

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Gut 15 Jahre habe ich mich auf die Arbeit mit alten Polaroid Kameras konzentriert, viel experimentiert, viel Freude gehabt, gebastelt, zuletzt ein voll funktionsfähiges Unterwasser-Kameragehäuse für Polaroidkameras gebaut und bin damit abgetaucht.

Aus dem 18-monatigen Projekt ‚Artists After Work‘ mit gut hundert Musikern aus über 20 Ländern wurde ein Kunstbuch. Ich portraitierte die Musiker mit einer großen Polaroid Kamera in dem Moment, in dem sie von der Bühne kamen.

Soweit, so gut.
Alles hat seine Zeit und so wuchs meine Unruhe, Neues zu erkunden. Analog sollte es schon sein. Zuerst nahm ich die Voigtländer Vito II von meinem Vater in die Hand. Alle Familienbilder wurden mit dieser Kamera aus den 50er Jahren gemacht. Gesäubert, einen B&W Film rein und los gings. Das Ergebnis hatte die Anmutung von Röntgenaufnahmen. Lustig, aber nicht das, was ich wollte.

Wieder in den Keller und nach meiner Canon A1 von 1980 gesucht. Auch diese habe ich gesäubert, das ‚Husten‘ mit einem Tropfen Öl geheilt, einen Kodak Gold 200 rein und, ja, sie ist voll funktionsfähig.

Meine Lust zu experimentieren war wieder hellwach.

Filme zum Experimentieren gibt es von verschiedenen Anbietern. Ich spielte als nächstes mit einem LomoChrome Purple Pétillant ISO 100-400 und danach dem LomoChrome Turquoise ISO 100–400, beide von Lomography.

Alle Bilder sind nicht digital bearbeitet.

Den vierten Film, einen Lomography Color Negativ mit ISO 800, kombinierte ich mit einem Tiffen ‚Black Pro-Mist‘ Filter. Dieser Filter liefert eine erhöhte Lichthofbildung, sowie eine angenehme Tiefe der Wärme, die aber nicht zu den Hauttonwerten transportiert wird. Farblich kann man damit großes Kino imitieren.

Dies ist eine Vierfachbelichtung aus der Hand.

Bilder im Kopf entstehen zu lassen und dann versuchen, diese Bilder umzusetzen, dieser Prozess erzeugt Glücksgefühle bei mir. Und wenn das Ergebnis gut ist, ist es so, wie wenn man beim Golf ein ‚Hole-in-one‘ spielt. Beim Golf hatte ich allerdings bisher erst ein ‚Hole-in-one‘. Mal sehen, was ich nun mit der alten Canon hinbekomme.

In der kommenden Woche geht das Experimentieren mit einem Lomography ‚Fantôme Kino B&W‘ mit nur 8 ISO in die Abenddämmerung. Die Ergebnisse gibt es hier und auf Instagram.

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Geschüttelt, nicht gerührt

Also, wie war das jetzt mit der Dose?

So richtig kann ich gar nicht mehr sagen, wann genau die Idee mit der Dose auftauchte. Fritz von der Craft Beer Brauerei Ale Mania in Bonn wollte mir für meine Tour durch die arktische Klimazone eine Wegzehrung mitgeben. Für eine Dose Bier war auf jeden Fall noch Platz.

Eine Woche vor meiner Abreise unterschrieben gut 50 Personen, die an dem Abend im Taproom von Ale Mania waren, auf der Dose. Sie ging mit mir auf die Reise. Ich sollte sie wieder mitbringen und wir würden sie für einen guten Zweck versteigern.

An diesem Abend gaben mir auch die Bonner Gamecocks, der Bonner American Football Club, einen Becher mit. Auch den wollten wir nach über 10.000 km versteigern. Ich hatte also zwei wertvolle Dinge im Gepäck, die ich auf jeden Fall wieder heil mitzubringen hatte.

Gesagt, getan.

Im rechten Koffer reiste die Dose. Für einen Phototermin durfte sie ab und an raus.

An der Grenze Finnland – Norwgen, in der Nähe von Kirkenes.

Im Tankrucksack steckte die Tasse, die ich auf der Tour benutzte.

Was ist nun ein guter Zweck?

Für viele von uns ist es leicht, sich schöne Erlebnisse zu gestalten. Reisen zu unternehmen und Konzerte besuchen, zu Sportveranstaltungen zu gehen und sich ganz selbstverständlich unter Menschen zu bewegen.

Für Menschen ohne Wohnung und Obdach ist dies nicht so einfach. Allein in Bonn leben über 100 Personen ohne Obdach. Viele von Ihnen haben sich innerlich so weit zurückgezogen, dass sie nicht mehr unter Menschen sein können. Hier, so dachten wir uns, könnten wir uns einbringen.

Deswegen wurde    Mit_dabei_sein  initiiert. Die Dose und der Becher wurden erfolgreich versteigert.

Ziel des Projekts ist es, Wohnungs- und Obdachlosen im Raum Bonn/Rhein-Sieg die Möglichkeit zu bieten, vielfältiger am Leben teilzunehmen. Wir wollen Ihnen Erlebnisse ermöglichen. Die Auswahl der Teilnehmer erfolgt zusammen mit dem Bonner Verein für Gefährdetenhilfe. Die Teilnehmer erhalten freien Eintritt sowie vor Ort auch Speisen und Getränke. Eine Begleitperson unterstützt die Gruppe.

Am 22.12.23 hatten wir das letzte Konzert im letzten Jahr mit einer Rock-Cumbia Gruppe aus Lateinamerika und mit 4 Teilnehmer. In den nächsten Tagen geht es dann zu einem Hard Rock Konzert.

Wer uns unterstützen möchte, bitte, Nachricht an mit_dabei_sein  ät  protonmail punkt com

Bei Instagram findet Ihr das Hilfsprojekt unter hier

Vielen Dank

Gegen den Wind – Motorradfahren in der arktischen Klimazone

Ein Reisebericht von Tom Pätz
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Teil 7 / 7


Auch die kommenden Tage sind sonnig und ruhig. Ich spüre die Anstrengungen der letzten drei Wochen. Etwas abseitig meiner Route, im Naturschutzgebiet Nordreisa, habe ich mir zum ersten Mal auf der Tour eine Hütte im Wald für einige Tage gemietet. Es riecht wunderbar, neben der Hütte rauscht ein Bach. Von hier aus erkunde ich zu Fuß aber auch mit dem Motorrad das Naturschutzgebiet.

Grillen im Naturschutzgebiet Nordreisa mit zufällig getroffenen Wanderern. Sie sprachen kein Englisch. Wir haben uns trotzdem gut unterhalten.

Von meiner Hütte im Naturschutzgebiet fahre ich an jeweils einem Tag die zwei Häfen Øksfjord und Skjervøy an.

Øksfjord
Auf dem Weg nach Øksfjord habe ich in einem 4,6 km langen, einspurigen, dunklen Tunnel eine Schrecksekunde. Der Vorderreifen tanzt mehrfach auf nassem, lehmigem Grund von einer Spurrille in eine andere und zurück; fast wäre ich gestürzt. In dem Tunnel gibt es nur einer Spur und keine Verkehrsregelung. Alle paar hundert Meter sind Ausweichstellen und nur diese sind beleuchtet. Mit sehr viel Rücksichtnahme arrangiert man sich.

Von Øksfjord habe ich einen Blick auf Norwegens fünftgrößten Gletscher, den Øksfjordjøkulen. Er ist der einzige Gletscher auf dem norwegischen Festland, der direkt in das Meer kalbt.

Gelegentlich gibt es auf meiner Tour einfach nur eine Zapfsäule mit BENZIN.


Skjervøy
Die Straßen nach Skjervøy laufen selten geradeaus; sie sind gewunden, es gibt unzählige Kurven, als würden sie Haken schlagen. Das Straßenband türmt sich auf, wie hohe Wellen im Meer. Ich fahre dann in die Höhe, in den Himmel und sehe nicht, was nach dem Wellenkamm kommt. Und zwischendurch laden Parkplätze zum Stauen über die überwältigende Landschaft ein.


Auf dieser ellenlangen Achterbahn erreiche ich Skjervøy. Es ist eine Kommune aus Inseln im nördlichen Teil der Provinz Troms. Die 2.900 Einwohner sind auf verschiedenen Inseln verteilt. Es ist ein typischer Fischerort, allerdings mit blauen Lagunen, weißen Sandstränden und malerischen Brücken. Die Sonne scheint und ihre Wärme löst meine Anspannung ein wenig. Ich fühle in mir, fern von Wind, Schnee, Regen und rutschigen Fahrbahnen, fern von Müdigkeit und Erschöpfung, das wohlige Gefühl von Stolz, es gegen alle Unwetterbilden hiergeschafft zu haben.

Streckenposten vor einer Baustelle in einem Tunnel auf dem Weg nach Tromsø

Tromsø
Tromsø erreiche ich bei leichtem Nieselregen. In der Nacht zieht der Nieselregen weg. Ich bin nach vier Wochen wieder in einer größeren Stadt mit Bars und Restaurants.

Willkommen zurück im normalen Leben mit Ampeln und Telefonzugang. Im Hafen beobachte ich das Ein – und Auslaufen der Schiffe der beiden Reedereien, die die 34 Postschiffhäfen zwischen Bergen und Kirkenes regelmäßig bedienen.

Im Tourist Office ist ein Angestellter auch Motorradfahrer. Er empfiehlt mir für morgen einen Tagestrip. Am nächsten Tag folge ich der Empfehlung und umrunde die Insel Kvaløya, die neben Tromsø liegt.

Tags drauf sitze ich in einem Café, esse das erste Mal seit Wochen wieder in einem Restaurant und schaue den Menschen auf der Straße zu.

Auf der Rückfahrt nach Deutschland von Tromsø nach Rovaniemi begleitet mich auf dem über 500 Meter hohem Hochplateau Sonnenschein. Der Wind schubst mich hin und wieder ein bisschen zur Seite. Ich fahre immer entspannter in die Tiefebene, die Temperaturen steigen auf über 20 Grad.

Rovaniemi liegt am Polarkreis. Nach den Zerstörungen des 2. Weltkriegs wurde Rovaniemi wieder aufgebaut. Und die Stadt erhielt einen Weihnachtsmann Phantasie Park, der das ganze Jahr gut besucht wird. In den Sommermonaten kann man für kleines Geld in recht großen Hütten mit eigener Sauna bestens übernachten. Ein gutes Frühstück gibt es obendrauf.

In Rovaniemi nehme ich den Auto-Nachtzug nach Helsinki. In Helsinki sind die Temperaturen auf über 20 Grad gestiegen. Es ist Sommer.

Ich geniesse das Nichtstun und nehme schliesslich die Fähre nach Travemünde.


Nach 10.477 km und genau 5 Wochen bin ich überglücklich, dass ich diese Reise gemacht habe. Keinen Umfaller, Sturz oder Unfall habe ich auf der Tour. Trotz der beheizten Handschuhe sind von der Kälte nur meine Fingerkuppen aufgeplatzt und blutig.
Und der Wind? Tja, ohne seiner furchterregenden Kraft und Unberechenbarkeit wäre die Reise nicht halb so aufregend gewesen.

Ach so, dann war da doch noch etwas mit einer Dose Bier und einem Metallbecher, die ich die ganze Tour bei mir hatte. Am 20.10.2023 werden beide bei einer Veranstaltung in der Bonner Craft Beer Brauerei Ale-Mania, Alaunbachweg 10, ab 19h für einen sehr guten Zweck versteigert. Den Bericht dazu gibt es in gut einer Woche. Ihr könnt aber auch einfach am 20.10.2023 vorbeikommen …

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Gegen den Wind – Motorradfahren in der arktischen Klimazone

Ein Reisebericht von Tom Pätz

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Teil 6 / 7

17 Tage bin ich jetzt unterwegs. Durch alle Wetter bin ich gefahren. Alle Tage waren voller Erlebnisse.

Nur heute gilt. Nur heute zählt. Ich lebe in einer day-to-day Blase. Bevor ich in den Schlaf falle, sortiere ich den Tag, schreibe Tagebuch, reflektiere was wie war, poste bei Instagram und bereite den nächsten Tag vor.

Der Kopf ist so frei für die Nacht.

Auf meiner Landkarte finde ich für die Route der letzten 6 Postschiffhäfen bis Tromsø, dem letzten Hafen, den ich hier oben anfahren werde, keine Hochplateaus mehr. Sollte das Fahren einfacher werden? Obgleich etwas stärkerer Wind angekündigt ist? Zunächst scheint es so.

Die Fahrt zum Olderfjord ist kurz, gerade mal  300 km. Die Sonne scheint, der Wind weht kaum merklich. Die Straße liegt meist auf Meereshöhe. In Russenes am Olderfjord bleibe ich drei Nächte und fahre die folgenden drei Postschiffhäfen von dort an.   

Honningsvåg 

Tags drauf ist wieder alles anders. Der stürmische Wind ist über Nacht angekommen. In der Hoffnung, dass sich der Wind legt, mache ich mich erst gegen 21 Uhr auf den Weg zu dem gut 100 Kilometer entfernten Postschiffhafen Honningsvåg.  Der Weg verläuft entlang der Küste. Die Sicht ist klar. Es regnet nicht. Die Temperatur beträgt gut 5 Grad. Nach der Hälfte der Strecke ist der Wind auf Sturmstärke angewachsen. Links sind hohe Felswände, rechts der Porsangerfjord. Auf der Seite zum Fjord geht es steil runter. Ich versuche, in der Mitte der Straße zu fahren. Die zahlreichen Tunnel bieten für Momente Schutz vor dem Wind.

In Honningsvåg steige ich vom Motorrad, eine Bö wirft mich fast zu Boden. Ich mache schnell ein paar Bilder und kehre um. Am Nordkap wollte ich ein Bild von der Mitternachtssonne machen. Das lasse ich sein. Auf der Rückfahrt treffe ich kein anderes Fahrzeug. Wer fährt bei dem Wetter auch schon freiwillig nachts hier lang.

In meiner Unterkunft in Russenes am Olderfjord kann ich nicht schlafen. Ich bin zu aufgekratzt. Plötzlich scheint die Sonne in mein Zimmer. Ich habe aus meinem Apartment einen wunderbaren Blick auf die Mitternachtssonne. Auf der Veranda sitze ich, genieße das Schauspiel bis mir die Augen zufallen.

Hammerfest

Gegen Mittag mache ich mich auf den Weg nach Hammerfest. Die Fahrt geht durch sehr fruchtbare Landschaften. Die Sonne schein vom blauen Himmel. Mir begegnen Polarfüchse, Finnmark Seeadler und jede Menge Rentiere. Weit vor Hammerfest wird der Verkehr dichter. Im Vorfeld der 10.000 Einwohnerstadt gibt es Industrieansiedlungen. Der Bau der großen Erdgasverflüssigungsanlage auf der Insel Melkøya brachte in den vergangenen Jahren einen wirtschaftlichen Aufschwung. 1891 bekam Hammerfest übrigens als erste Stadt Norwegens eine elektrische Straßenbeleuchtung und sein eigenes Kraftwerk.

Als ich in die Nähe von Hammerfest komme, regnet es stark. An einer Tankstelle in der Stadt stelle ich mich unter. Mit anderen Bikern und einem Wohnmobilfahrer tausche ich mich zum Wetter der nächsten Tage aus. Ein großes Schneegebiet ist angekündigt. Alle wollen dem irgendwie ausweichen. Meine Route steht fest. Ich will auch die letzten 4 Postschiffhäfen anfahren; sehe keine andere Wahl, ich werde das Schneegebiet durchfahren müssen. Aber, auch Wetterfrösche können irren; auf meiner ganzen weiteren Fahrt bekomme ich keine Schneeflocke mehr zu sehen.  

Havøysund

Havøysund, mein 9. Postschiffhafen, ist ein kleines Fischerdorf mit 1.000 Einwohnern auf einer Insel in der Barentssee. Die ältesten Funde einer dauerhaften Ansiedlung in Havøysund stammen auch hier aus der Jungsteinzeit. Die Fahrt von Russenes geht durch eine abwechslungsreiche, schöne, zart wirkende Landschaft. Es ist fast windstill, gelegentlich reißen die Wolken auf. Die Sonne wärmt dann unmittelbar. Es ist ein entspannter Tag durch grüne Täler und auf verwundenen Küstenstraßen entlang der Fjorde.

Im Hafen von Havøysund erlebe ich, dass an der Pier, die nicht länger als ein Postschiff ist, ein Schiff der Reederei Havila aus dem Süden kommend batteriegetrieben anlegt. Nach 15 Minuten legt es wieder ab und macht Platz für ein Postschiff der Reederei Hurtigruten, das aus dem Norden kommt. Auch dies legt nach genau 15 Minuten wieder ab. Es sind Schiffe der beiden Reedereien, die seit gut einem Jahr die sogenannten Hurtigruten zusammen bedienen, und sich mit lautem Nebelhorn begrüßen.

Auch die kommenden Tage sind sonnig und ruhig. Ich spüre die Anstrengungen der letzten drei Wochen. Etwas abseitig meiner Route, im Naturschutzgebiet Nordreisa, habe mir zum ersten Mal auf der Tour eine Hütte im Wald für einige Tage gemietet.

Fortsetzung folgt.

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Gegen den Wind – Motorradfahren in der arktischen Klimazone

Ein Reisebericht von Tom Pätz

Alle Photos von Tom Pätz und ein Photo von Svetlana Voronkova

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Teil 5 / 7

Im ersten Teil meines Reiseberichts schrieb ich sinngemäß, wer es einsam, kalt und verregnet mag, wen Hagel- und Schneeschauer auch auf dem Motorrad nicht irritieren, ist in der arktischen Klimazone genau richtig.

Die Nordkyn-Halbinsel ist der Flecken Land in Norwegen, der am stärksten Wetterunbilden ausgesetzt ist. Diese Halbinsel mit seinen beiden Postschiffhäfen Mehamn und Kjøllefjord besuche ich in den kommenden Tagen.

Nur eine knapp einen Kilometer breite Landverbindung gibt es zwischen dem Festland und der Halbinsel. Erst im August 1989 wurde die Nordkyn-Halbinsel an das norwegische Straßennetz angeschlossen.

Meine Freude über kurzen Sonnenschein auf dem Isthmus Hopseidet.

Das Tiefdruckgebiet hat sich inzwischen voll entfaltet. Den ganzen Tag treibt Schnee über die Halbinsel. Gegen 15h wird der Schneefall weniger. Da die Nacht hell bleiben wird, fahre ich nach Mehamn.

Der Pass ist eingeschneit, null Grad zeigt das Motorraddisplay. Das Getöse von Wind, Regen und Hagel umschlingt mich. Wie kleine Hammerschläge platzt der Hagel auf den Helm. Ich spüre in diesen Momenten kaum noch das Motorrad; wir sind eins geworden. Wie ein Segel nehme ich den Wind an und rausche über die verschneite, eisige Landschaft. Ich werde immer schneller, pflüge durch den Schneematsch, komme immer wieder aus den Spurrillen heraus.  Bodenwellen reißen mich zur Seite, von meinem Visier muss ich ständig den Schnee wischen. Die Windgeschwindigkeiten liegen zwar nur bei rund 50 km/h, also noch kein ausgewachsener Sturm, aber die Fahrt ist furchteinflößend. Der starke Wind auf dem Hochplateau rät mir vom Anhalten ab. Hier kommst du nur durch, wenn du in Bewegung bist. 

In Mehamn, dem nördlichsten Postschiffhafen mit gut 800 Einwohnern, pfeift der Wind um die Häuser. Ich tanke und fahre weiter Richtung Kjøllefjord, also wieder auf die Anhöhe und dann an einer Gabelung rechts ab. In den letzten Stunden habe ich niemanden auf der Straße getroffen. Auf diesem Flecken der Welt scheint es nur mich zu geben.

 Kjøllefjord

Von der Anhöhe der steilen Abfahrt nach Kjøllefjord habe ich einen wunderbaren Blick zwischen den Bergen durch in den Oksefjord. Der ungeheure Fischreichtum in der Barentssee machte diese Gegend für die ersten Siedler bereits zum Ende der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren attraktiv. Nun sehe ich, dass Wolken, aus denen es schneit, sich in den Fjord bewegen. Der Schneematsch, der auf der Straße liegt, der kräftige Wind, den ich spüre und das starke Gefälle raten mir umzukehren. Die Fahrt nach Kjøllefjord breche ich ab.

In meiner Unterkunft auf der Nordkyn-Halbinsel, in Skjånes, wohne ich bei der Künstlerin und Kunstlehrerin Svetlana Voronkova und ihrem Mann, einem Holzbaumeister. Sie bieten als einzige auf der Halbinsel schöne Zimmer an.

In diesen Tagen wohnen hier ebenfalls für ein paar Tage Taucher von einer Firma auf den Lofoten, Spezialisten, die im Meer Unterseekabel zusammenschließen. Später in der Nacht, in der ich meine Fahrt nach Kjøllefjord abbrach, erfahre ich von Ihnen, dass eines ihrer beiden Fahrzeuge, eine Stunde nachdem ich umkehrte, dort in der Nähe von der Straße gerutscht sei.

Svetlana Voronkova ist Künstlerin und Kunstlehrerin in Skjånes auf der Nordkyn-Halbinsel. Ich wohne drei Tage bei ihr und ihrem Mann. Svetlana zeichnet mit schwarzer Tusche Mythen, die von Fischern und dem Meer handeln. Ihr Werk ‚Superstitions on the sea‘ zeigt Bedrohungen, denen Fischer sich ausgesetzt fühlen. Sie drückt auch aus, wie ich mich dem furchterregenden Wind ausgesetzt fühle.

Tags drauf fahre ich erneut Richtung Kjøllefjord und komme nach einer Sturm umtobten Fahrt dort heil an. In mein Tour Logbuch schreibe ich an dem Abend:

„Das war knapp. Der Wind hat mich über eine sehr lange Strecke unerbittlich gebeutelt. Es war furchterregend, spooky. Viel hat nicht gefehlt, mich von der Straße zu fegen. Ich habe sehr viel Glück gehabt.“

Fortsetzung folgt.

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Teil 4 / 7

Der Tanz mit dem unberechenbar stürmischen Wind beginnt.

Båtsfjord

Die Postschiffe benötigen für die 75 Kilometer Fahrt von Vardø nach Båtsfjord drei Stunden. Für mich sind es gut 250 Kilometer und ich benötige sechs Stunden. Die letzten 50 Kilometer zeigen mir, was in den kommenden Tagen an Windbedingungen auf mich wartet.

Båtsfjord liegt an der Nordküste der Varanger-Halbinsel. Früher gab es mehrere Dörfer entlang dieser kargen Küste, doch heute leben alle in Båtsfjord, das geschützt in einem Fjord liegt. Die Kommune zählt 2.000 Einwohner. Båtsfjord gehört zu den Orten mit der größten Fischanlandung Norwegens.

Vor dem Anstieg halte ich an.

Die Hochplateaus und Pässe, die vor mir liegen, sind zwischen 350 und 550 hoch. Sie liegen ohne Baumbewuchs frei im Wind. Nicht nur dort oben, sondern auf einem Großteil der Strecke meiner gesamten Tour habe ich keinen Mobilfunkempfang. Ich verlasse mich auf mein Iridium-Satelliten Kommunikationssystem. Durch mein Tracking können Freunde LIVE verfolgen, wo ich mich gerade befinde. Das ist immer wieder ein Anknüpfungspunkt für Chats am späten Abend.

In der Fläche vor dem Aufstieg riecht es nach modrigem Holz, faulendem Unterholz. Atemberaubende Sichten auf die schneebedeckten Berge habe ich. Dann fahre ich hinauf. Dort, wo Schnee und Eis liegt, riecht es nach nichts.

Kaum bin ich auf der baum- und strauchlosen Anhöhe, rüttelt mich der eisige Wind heftig durch. Die wegen Frostschäden mit flüssigem Teer geflickte Fahrbahn sieht aus, als hätte sie Krampfadern. Die zwei Fahrspuren fallen hin zu den Seiten ab. Jeder Windstoß schieb mich zur Seite. Ich brauche Platz, um die Wucht des Windes abfangen zu können und versuche in der Mitte der Straße zu bleiben. Das ist Schwerstarbeit. Gegenverkehr gibt es zum Glück nicht. Hier oben in der berauschend schönen Einöde bin ich allein.

Vor Båtsfjord halte ich an und genieße die Windstille. Es riecht nach Fischabfällen. Ein Postschiff läuft in den Hafen. Wie so häufig suche ich recht lange meine Unterkunft. Als ich ratlos auf meinem Motorrad mitten auf der Straße stehe, hält ein Autofahrer an, fragt, ob er helfen könne und sagt, ich solle ihm einfach folgen. Er bringt mich zu dem Haus, in dem ich übernachten werde. Eine Friseurin ist für die nächsten Nächte meine Gastgeberin.

Berlevåg

Mein Tag beginnt stets um 7 Uhr mit Gymnastik, ich koche 1,5 Liter Grünen Tee, trinke eine Hälfte und nehme die andere in einer Thermoskanne mit. Ich esse Nüsse, einen Apfel und ein Ei, belege Knäckebrote als Proviant und bin gegen 9.30 Uhr unterwegs. Jeden Tag, Rituale geben mir Halt, fokussieren mich für den Tag und halten mich im Flow.

Berlevåg ist der vierte Postschiffhafen auf der Varanger Halbinsel. Der Ort mit 1.000 Einwohnern erhielt erst 1959 eine Straßenanbindung. Wie am Vortag scheint die Sonne, der Wind ist eisig, heftige Böen stoßen mich auf der Hochstraße unkalkulierbar hin und her. Unten, im Postschiffhafen ist der Wind kaum spürbar.

Auf der Rückfahrt nach Båtsfjord entlang der gut 30 Kilometer langen Küstenstraße peitschen ab und an Windböen rein.

In Kjølnes, auf einer schmalen Landzunge, mache ich an verlassenen Häusern und einem spektakulären Leuchtturm eine Pause. Die Landzunge ragt in die Barentssee hinein. Ich esse den mit Mangomus gefüllten Donut, den ich in Berlevåg kaufte und spüre trotz tiefer Temperaturen die wärmende Sonne im Gesicht.

Die Landschaft auf der Varanger Halbinsel ist berauschend schön. Die Gesteinsform der Felsen wechselt häufig. Eine unendliche Vielfalt an Farben, Muster, Formationen aus Stein wird mal umwabert von Wolken, ein anderes Mal umtost von Sturm.

Dass Trolle sich von Steinen ernähren sollen, erscheint verständlich; wovon sonst.

Schließlich fahre ich wieder rauf auf das Hochplateau. Wieder kämpfe ich gut 50 Kilometer mit dem Wind. Als ich vom Motorrad steige, habe ich das Gefühl, schwankenden Boden unter den Füßen zu haben.

Später esse ich im einzigen Pub im Ort eine kleine Pizza, trinke zwei große alkoholfreie Bier und sehe im Hafen ein Postschiff auslaufen.

Die nächsten Postschiffhäfen, Mehamn und Kjøllefjord, liegen auf der Nordkinn-Halbinsel. Erst im August 1989 wurde die Nordkinn Halbinsel an das norwegische Straßennetz angeschlossen. Der König hatte sie eingeweiht. Ein mannsgroßer Stein mit einer Inschrift erinnert an das Ereignis. Viel Verkehr erwartet mich aber in den kommenden Tagen nicht. Wieder werde ich allein auf der Straße sein.

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Teil 3 / 7

Vadsø und Vardø

Auf der Weiterfahrt von Kirkenes nach Vardø über Vadsø spüre ich zum ersten Mal die Kraft des Windes, als würde ich auf das Kommende vorbereitet. Links Berge, rechts die Küstenlinie zum Varangerfjord und zur Barentssee. Von dort kommen die Böen. Die Sonne scheint, die Temperatur ist auf 3 Grad gesunken. Ich bin in der arktischen Klimazone mit Flechten, Moosen, Gräsern, Zwergsträuchern und Pilzen.

Kein Summen, kein Vogelgezwitscher oder Blätterrauschen ist zu hören. Die Hälfte der gut 6.000 Tierarten in der Arktis sind Insekten. Auf der ganzen Reise hat sich nur eine einzige Fliege auf meinen Lenker gesetzt.

In Vadsø halte ich bei einem Supermarkt. Die Supermärkte sind große Tante-Emma-Läden, aber auch Baumarkt, Haushaltswarengeschäft, verkaufen Bürobedarf und Kleidung. Ich besorge, wie immer, wenn ich in einen Postschiffhafen komme, Proviant.

Der Marktleiter, Fritz , nimmt sich gut 20 Minuten Zeit, um mir Tipps zu Norwegen, der Finnmark zu geben und zeigt mir dazu Bilder auf seinem Smartphone. Ich hatte ihn nur gefragt, wo ich Sandwiches finden könne.

Bereits im 16. Jahrhundert war Vadsø ein bedeutendes Fischerdorf. Heute ist Vadsø mit rund 6.000 Einwohnern ein gesichtsloser Verwaltungssitz und Hauptstadt der Provinz Finnmark. Das Dienstleistungsgewerbe ist inzwischen wichtiger als der Fischfang.

Gut 90 Minuten später erreiche ich durch den ersten Unterseetunnel, den Norwegen bohrte, die Insel, auf der Vardø liegt. Vardø ist die älteste und östlichste Stadt in Nordnorwegen, hat gut 2.000 Einwohner und lebt vom Fischfang.

Im Hafen von Vardø finde ich einige Informationen zur Geschichte des Ortes.

Es zieht Sturm auf. Sand wird durch den Ort gepeitscht. Mein Motorrad solle ich hinters Haus schieben, empfiehlt mir der Fischer, bei dem ich wohne. Es könne sonst vom Sturm umgeworfen werden. Die Fischer fahren in dieser Nacht wegen Sturm mit ihren gut 10 Meter Booten nicht raus. Mein Gastgeber bereitet für uns zum Abend eine riesige Königskrabbe zu.

Am nächten Morgen stehe ich sehr früh auf. Gegen 5 Uhr ist schönes Wetter, die Sonne scheint, der Sturm hat sich gelegt, es geht ein leichter Wind.

Jeff, der Fischer, bei dem ich wohne, will mir sein Boot zeigen und ein paar Freunde vorstellen.

Die langen Angelleinen werden vorbereitet.

Die Haken werden mit Ködern versehen und zwischen Zeitungspapier gelegt. So wird sichergestellt, dass die Leine problemlos ablaufen kann.

Menschen wurden in der frühen Neuzeit, Mitte 1500 bis Ende 1600, als Hexer und Hexen, die mit dem Teufel paktieren würden, überall in Europa gefoltert und getötet. Von Anfang 1600 bis ca. 1690 wurden in Vardø und verschiedenen anderen Orten in der Finnmark ebensolche Prozesse geführt und 91 Menschen, 77 Frauen und 14 Männer, grausam getötet.

Diesen Menschen ist in Vardo ein Mahnmal gewidmet. Im Innenraum sind alle Personen namentlich aufgeführt und es sind Informationen zu den jeweiligen Prozessen verzeichnet.

Es ist vorerst eine der letzten ruhigen und entspannten Stunden auf dem Motorrad. Meine 3 verschiedenen Wetter-Apps kündigen übereinstimmend ein Tiefdruckgebiet an. Regen und Schneefall werden über die Finnmark ziehen. Das Tiefdruckgebiet, durch das ich in den nächsten Wochen fahre, ist groß, sehr groß und es bewegt sich sehr langsam. Ich kann ihm nicht entgehen. Die Windvorhersage kündigt an, dass Sturm durch die Fjorde jagen und über die Hochplateaus fegen wird. Der Tanz mit dem unberechenbar stürmischen Wind beginnt.

Fortsetzung folgt.

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Teil 2 / 7

Kirkenes

Am vierten Tag überquere ich die Grenze zu Norwegen. Die Vegetation hat jetzt den Charakter der arktischen Klimazone. Gegen späten Nachmittag komme ich bei frühlingshaften 15 Grad in Kirkenes, im äußersten Nordosten Norwegens, am Bøkfjord, an.

In Kirkenes sehe ich am nächsten Tag, wie ein sogenanntes Hurtigruten Schiff an der kleinen Pier anlegt.

Bis Tromsø sind es 12 weitere Postschiffhäfen, die ich von Land aus anfahre. Über 2500 km in knapp drei Wochen werde ich bis Tromsø benötigen. Die Häfen liegen auf Halbinseln oder Inseln, die mit Tunneln oder Brücken mit dem Festland verbunden sind.

In der Frühphase des Zweiten Weltkriegs besetzen die Nazis Norwegen, insbesondere aber Kirkenes, wegen reichhaltiger Erzvorkommen und der strategischen Lage zum russischen Hafen Murmansk.  100.000 Soldaten wurden stationiert. Die Befreiung Norwegens begann in der Finnmark durch intensive sowjetische Bombardements.

Denkmal in Kirkenes zum Dank für die Befreiung durch die Sowjetunion.

Die sich zurückziehenden Nazis verbrannten, was noch von Kirkenes und anderen Fischereiorten übriggeblieben war.  Deswegen gibt es in der Finnmark kaum Bauten aus der Vorkriegszeit. Kirkenes wurde, wie viele der zerstörten Fischerei- und Postschiffhäfen, nach und nach wieder aufgebaut. Viele dieser Orte erscheinen gesichtslos.

Während der Tour übernachte ich bei lokalen Bewohnern. In Kirkenes wohne ich bei einem Mitarbeiter der Hurtigruten. Hier im ersten Postschiffhafen der sogenannten Hurtigruten bleibe ich drei Tage. Ich mache kleine Ausflüge in die Umgebung.

Da die Sonne nicht untergeht, bin ich auch einige Mal gegen Mitternacht unterwegs. Diese Aufnahme entsteht gegen 0:30h in Grense Jakobselv, dem nordöstlichsten Zipfel Norwegens, gut 55 Kilometer von Kirkenes genau an der Grenze zu Russland.

Am nächsten Morgen bin ich auf Suche nach einem Bäcker in der 7.000 Einwohner Stadt. Auf dem Marktplatz sehe ich gut 50 blankpolierte Motorräder. Alle Marken sind vertreten. Es ist das Frühlingsfest, das Anlassen des Kirkenes MC. Ich werde eingeladen, meine KTM 1290 Super Adventure S hinzuzustellen und den Tag mit ihnen zu verbringen.

Torbjørn Monsen (r), der Reporter des Sør-Varanger Avis, einer Online Zeitung, ist den ganzen Tag auch mit dabei.

Wir machen eine Ausfahrt in die nähere Umgebung von Kirkenes, ich grille Würstchen mit ihnen vor ihrem Vereinslokal und bekomme ihr Club T-Shirt. Sie geben mir für meine Tour Ratschläge, Hinweise, Empfehlungen, Warnungen und viele Wünsche.

Tage später schicken sie mir einen Zeitungsartikel über ihren Anlassen-Event mit Bild und einem mir zugeschriebenen Zitat; gesagt hatte ich allerdings etwas anderes 🙂

Am übernächsten Tag auf der Weiterfahrt von Kirkenes nach Vardø über Vadsø spüre ich zum ersten Mal die Kraft des Windes; so, als würde ich auf Kommendes vorbereitet.

Fortsetzung folgt.

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Gegen den Wind – Motorradfahren in der arktischen Klimazone

Ein Reisebericht von Tom Pätz

Alle Photos von Tom Pätz

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Teil 1 /7

Wer es einsam und kalt mag, der ist in der Übergangszone zwischen arktischen Eisgebieten und Nadelwäldern richtig. In der extrem dünnbesiedelten Finnmark / Norwegen fahre ich die 13 nordöstlichsten Postschiffhäfen von Land aus an.  

Ich war davon überzeugt, dass ich mich gut vorbereitet habe; die Route ausgearbeitet, Motorradtrainings absolviert, Klimatabellen studiert, den Zeitpunkt der Reise gezielt gewählt, ein Iridium-Satelliten-Kommunikationsgerät angeschafft, Werkzeug, Medikamente für alle Eventualitäten und Lebensmittel eingepackt. Aber, es kommt anders, unerwartet furchterregend anders, und ich bin nicht darauf vorbereitet.

Dabei hatte alles ganz ruhig begonnen.

Ich verlasse die Fähre in Helsinki, es ist Mitte Mai und sonnig. Nach Norden folge ich weitgehend dem Via Karelia entlang der Grenze zu Russland. Selten begegnen mir Fahrzeuge und Ampeln gibt es kaum. Die Straßen sind in gutem Zustand; nichts stört beim Motorradfahren. Es riecht nach frisch gefälltem Holz, gepflügten Äckern, Honig wird an der Straße verkauft, das Schmelzwasser erscheint braun und die Temperaturen sind um 20 Grad.

Aapo, arbeitet in einer Mine im Norden von Finnland. Er ist außerdem Photograph und Jäger. An einer Tankstelle in der Nähe des Polarkreis kommen wir ins Gespräch. Er fährt ein paar Tage in die Wärme von Südnorwegen, ich weiter in den äußersten, nord-östlichsten Zipfel von Norwegen.

Nach ein paar hundert Kilometern wird das Wetter wechselhafter, Aprilwetter im Norden. Es liegt Schnee, Seen sind überwiegend zugefroren. Finnland ist noch nicht überall aufgetaut. In der Nähe des Polarkreises regnet es. Ich mache einen Abstecher an den östlichsten Punkt der EU.

Die Grenze zwischen Finnland und Russland am östlichsten Punkt der EU verläuft durch einen See. Auf einer kleinen Insel in der Mitte stehen die beiden Grenzpfähle.

Dorthin fahre ich meine erste Offroad Strecke auf dieser Tour. Die Piste ist lehmig, schmierig, von leichten Nieselschauern geweicht und nur spärlich geschottert.

Der östlichste Punkt der EU ist über eine schmale, gut 25 Kilometer lange Piste aus nassem Lehm und Schotter, die durch ein Waldgebiet führt, zu erreichen. In sechs Sprachen ist der genaue Grenzverlauf sowie Anweisungen, wie man sich an diesem sensiblen Ort zu verhalten habe, auf Tafeln beschrieben.

An diesem Tag fahre ich bis zum Abend noch gut 150 km Offroad.

In den nächsten Wochen meiner Reise geht die Sonne, nördlich des Polarkreises, nicht unter. Der Polarsommer hat begonnen. Die dunkle Nacht vermisse ich nicht. Ich schlafe sehr gut, auch wenn das Licht an ist. Am vierten Tag überquere ich die Grenze zu Norwegen. Die Vegetation hat jetzt den Charakter der arktischen Klimazone. Gegen späten Nachmittag komme ich bei frühlingshaften 15 Grad in Kirkenes, im äußersten Nordosten Norwegens, am Bøkfjord, an.

Bei einer Pause auf dem Parkplatz eines Supermarktes in Inari / Finnland sind Kids an meinem Motorrad interessiert.

Während der Tour übernachte ich bei lokalen Bewohnern. In Kirkenes, dem ersten Postschiffhafen auf meiner Tour, wohne ich bei einem Mitarbeiter der Hurtigruten.

Bis Tromsø sind es 12 weitere Postschiffhäfen. Über 2500 km in knapp drei Wochen werde ich fahren. Die Häfen liegen auf Halbinseln oder Inseln, die mit Tunneln oder Brücken mit dem Festland verbunden sind.

Das Abenteuer beginnt.

Fortsetzung folgt.

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